JUNGMUT Inspiration- und Startup-Journey nach Estland

Von Laura Langenbach am 07. August 2018

Dass Estland der digitale Primus Europas ist, wissen mittlerweile viele. Wir wollten erleben, was es bedeutet, wenn man überall digital bezahlen kann, freies WiFi hat, wie Co-Working Spaces in Tallinn aussehen und was junge Startups in Estland erfolgreich macht.  von Sebastian Lüttringhaus

Ganz Estland hat gerade mal knapp 300.000 Einwohner mehr als Köln. Die Hauptstadt Tallinn ist kleiner als Düsseldorf. Da denkt man nicht unbedingt daran, dass uns die Digitalisierung in diesem Land um mindestens zehn Jahre voraus ist. Wir wollten es wissen und haben es uns live angeschaut. Erster Eindruck: Die Esten sprechen gut bis sehr gut Englisch - was sie nicht von den Deutschen behaupten können, so berichteten  uns einige Unternehmer, die gern in den deutschen Markt expandieren würden, aber leider oft schon an der Sprachbarriere „bitte nur auf Deutsch“ scheitern.

Kleines Land, große Pläne: Estlands Startups wollen die Welt erobern

Zweiter Eindruck: Die Esten schauen wirklich weit über den eigenen Tellerrand hinaus. Die ganze Wirtschaft ist auf Europäisierung ausgerichtet, viele Studierende gehen ins Ausland und kommen zurück, um ihr eigenes Land mit anderen Ländern wirtschaftlich zu verbinden. Zahlreiche junge Leute machen sich selbstständig. Vor allem im Fintech-Bereich gibt es vielversprechende Startups, die schon weit entwickelt sind und sich gut im Markt behaupten, wie zum Beispiel Fiizy, eine weltweit operierende Plattform für Sofortkredite. Teamarbeit wird groß geschrieben, Agilität auch. Und um die heiß begehrten Developer glücklich zu machen, die man in jedem auf Erfolg ausgerichteten Startup braucht, werden sogar ganze indische Familien für ein paar Tage eingeflogen, um alles kennenzulernen - vor allem die besondere Wetterlage des nordischen Landes. Im Sommer wird es teilweise gar nicht dunkel, im Winter dafür nur drei Stunden lang am Tag hell. „Alkohol hilft“ haben wir gelernt - und ein Kamin im Büro.

Integration ist eines der Schlüsselworte in Tallinn

Was alle Startup-Unternehmer schon erkannt haben, die wir in ihren Firmen besuchten: Integration ist alles. Deshalb stieß unser Wunsch, Kooperationspartner und zukünftige Business-Verbindungen für unsere Kunden zu finden, auf offene Ohren. Auch wenn die meisten Startups in Tallinn langsam keine Lust mehr auf deutsche Delegationen haben, die hauptsächlich wissen wollen, was sie von den Esten lernen können. Wir waren vor Ort, um unser Ökosystem auszuweiten und uns international mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Denn das ist die Bedeutung von Integration: Sich miteinander zu verbinden, um Größeres zu schaffen und gemeinsam erfolgreicher zu sein - über Märkte und Ländergrenzen hinaus. Was uns besonders gut gefallen hat: In dem Product Development Startup mooncascade bekommen Mitarbeiter vier Stunden pro Woche Zeit, sich um ihre persönliche Entwicklung und Weiterbildung zu kümmern. Einfach so, ohne Vorgaben oder Kontrolle. Das wird offensichtlich auch gut genutzt, denn mooncascade wächst gerade weit über Estland hinaus. Und bei AgileWorks, einem Software-Entwicklungsunternehmen, wollen die Inhaber weiterhin programmieren und gleichzeitig ihre Firma führen - Wachstum wird hier eher verstanden als persönliche und qualitative Entwicklung, die Firma soll weiterhin bewusst als Boutique geführt werden, um die gute Performance zu erhalten. Klein und fein ist also hier die Devise.

Fazit

Wir haben uns sehr wohl gefühlt in Tallinn, in der kleinen, kosmopolitischen Metropole, im hohen Norden, direkt an der Ostsee. Digitalisierung ist hier kein Modewort, sondern wird konsequent gelebt, man kann inzwischen in drei Minuten eine virtuelle Firma gründen, die nur in digitaler Form existiert, aber wie ein weltweites Unternehmen agieren kann. Und an der nationalen Kryptowährung wird ebenfalls weiter gearbeitet, da die estnische Regierung im öffentlichen Sektor auch die Nase vorn behalten will, was Digitalisierung angeht.

Themen: Agency, Inspiration, Consulting, Digitalisierung, Estland, JUNGMUT, Startup, Tallinn