Laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) aus dem Dezember, kommt die Gleichberechtigung in Deutschland kaum voran. Verschiedene Studien zeigen derweil ebenfalls, dass es in Sachen Gleichberechtigung noch eine Menge zu tun gibt. Und sie zeigen auch, dass hier in Sachen Sprache ein einfacher Anfang gemacht werden kann.
von Laura Langenbach
Eine Studie von Shalberg, Szescny und Braun aus dem Jahr 2001 ergab, dass Frauen beim Lesen von Texten, die das generische Maskulinum nutzen, nicht oder nur wenig mitgedacht werden. So sollten die Teilnehmer*innen beispielsweise "einen Romanheld", "einen Romanheld oder eine Romanheldin" oder "eine heldenhafte Romanfigur" nennen. Im Durchschnitt nannten die Teilnehmer*innen beim generischen Maskulinum (Beispiel 1) nicht einmal eine weibliche Person in sechs Fragen.
Eine andere Studie untersuchte den Einfluss gendergerechter Sprache auf die Wahrnehmung von Frauen und Führungspositionen. Wenn in der Jobausschreibung Wortpaare verwendet wurden, wurden Frauen als genauso passend zu einem Job mit hohem Status wahrgenommen, wie Männer. Bei allen anderen Formulierungen wurden Männer als adäquater angesehen. Gendergerechte Sprache kann hier also dazu beitragen, dass mehr Frauen in Führungspositionen landen - ein Zugewinn für Gleichberechtigung in jedem Sinne.
Wir haben uns einmal mit der sprachlichen Gleichbehandlung beschäftigt und einige Tipps und Tricks gesammelt.
In einer westlich-demokratischen Gesellschaft sollten Gleichberechtigung und Gleichstellung von Geschlechtern nicht mehr der Rede wert sein. Doch tatsächlich sind sie nicht nur der Rede wert sondern auch notwendig.
Schon vor zwei Jahren berichtete “Die Zeit” über ein Seminar zum Thema genderneutrale Sprache. Autorin Stephanie Fezer über die Macht der Sprache: „Die Macht der Sprache ist groß. Selbst Menschen, die wenig bis keine Literatur lesen und im Internet auch nur das Kurze, wissen das, und sie haben offenbar Angst davor, dass die Sprache, so wie sie sie kennen, verändert wird. Sprache wird als quasi gottgegeben wahrgenommen. Dabei wurde sie durch viele Tausend Jahre des Patriarchats geformt.“
Doch wie kann sprachliche Gleichbehandlung aussehen? Wir haben recherchiert und einige Vorgehensweisen zusammengetragen. Zuallererst jedoch: Hier besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Uns ist es wichtig, für dieses Thema zu sensibilisieren und aufzuzeigen, dass es ganz einfach umsetzbar ist.
Schritt eins: traditionelle Rollenklischees und Stereotypen einfach nicht verwenden. Klingt simpel, ist es auch. Das gilt beispielsweise für Textbausteine wie “das schwache/starke Geschlecht”. Außerdem sollten bei Aufzählungen Frauen und Männer immer symmetrisch genannt werden. So schreibt man zum Beispiel nicht „der Banker Herr Schmidt und seine Gattin“, sondern „der Banker Herr Schmidt und seine Ehefrau, die Chemielaborantin Frau Schmidt“ oder kürzer „Herr und Frau Schmidt“.
Doch wie sieht es für unpersönliche Ausdrücke aus? Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, etc.? Auch hier gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, die sich in neutrale Formulierungen und Paarformulierungen untergliedern lassen.
Paarformulierungen
Es empfiehlt sich, hiervon nie zu viele zu verwenden, da dies die Lesbarkeit des Textes beeinträchtigen kann. Hier gilt: eine gesunde Mischung macht’s.
Art |
Beispiel |
Verbindung und / oder |
Lehrerinnen und/oder Lehrer |
Gender-Gap |
Lehrer_innen |
Gender-Start |
Lehrer*innen |
Verbindung Schrägstrich |
Lehrerinnen / Lehrer |
Adjektive statt Genitive |
ärztlicher Rat statt Rat des / der Arztes / Ärztin |
passivische Konstruktionen |
"Es ist nachzuweisen..." statt "Der Interessent muss nachweisen..." |
geschlechtsneutraler Plural |
Lehrerinnen und Lehrer |
Neutrale Formulierungen
Hier werden geschlechtsspezifische Begriffe einfach ersetzt. In manchen Fällen ist hier vielleicht auch Kreativität gefragt, da die erstmögliche Lösung etwas gestelzt wirken kann.
Art |
Beispiel |
Geschlechtsneutrale Substantive |
Elternteil, Mitglied, Person |
Substantivierung von Adjektiven |
Berufstätige, Angehörige |
Substantivierung von Partizip Plural |
Beschäftigte, Teilnehmende |
Funktions-, Kollektiv- und Institutionsbezeichnung |
Belegschaft |
Ableitungen auf -ung und -schaft |
Schülerschaft, Abteilungsleitung |
Ableitung auf -ing |
Prüfling statt “Schüler/-in” |
Pronomen |
Alle, Diejenigen |
Verwendung von Wer |
"Wer einen Antrag stellen möchte..." statt Der / die Antragssteller/in |
Klar soweit? Die Übersicht zeigt, dass es eigentlich gar nicht so schwer ist, genderneutrale Formulierungen zu finden. Das eröffnet nicht nur neue Denkräume und kreativen Spielraum, sondern der Gleichberechtigung auch gleich eine Tür in den deutschen Sprachraum. Und wer weiß, vielleicht schleicht sich diese Neutralität und Gleichheit dann auch in unseren Sprachgebrauch ein und dringt vor bis zum allerletzten Alltags-Sexisten, der ganz plötzlich erkennt, dass wir Menschen alle gleich sind und er Frauen jetzt nicht unbedingt schlechter behandeln muss. Steter Tropfen höhlt jedenfalls den Stein und genderneutrale Sprache ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, sich ohne großen Aufwand für Gleichheit und Gleichberechtigung einzusetzen.
Bevor wir hier aber weiter in Utopien schwelgen, lassen wir euch noch ein paar Tipps da, falls ihr bei einer Formulierung mal nicht wisst, wie man sie neutral umbauen kann – schaut hier vorbei.